Martin Lenz erzählt aus 35 Jahren Lehrtätigkeit am Korbacher Gymnasium Alte Landesschule. 

Er erzählt von Mädchen und Jungen, Eltern und Kindern, ehemaligen Schülern und Kollegen, von Abenteuern auf Klassenfahrten und wie sich die Zeiten wandelten. Erheiternde, kuriose, nachdenklich machende Erinnerungen verbinden sich zu einem farbenfrohen Gewebe.

 

 

Aufsichtspflicht

 

Sie alle, die diese Texte lesen, haben Erfahrungen mit unserem Schulwesen und wissen, was da läuft in den Anstalten unserer Jugendbetreuung, sei es nun, dass Sie als Opfer, oder sei es, dass Sie als Täter oder gar als beides den Lehrbetrieb hierzulande erlebt haben oder noch erleben.

Weil dem so ist, bin ich sicher, dass Sie mir in einem Punkt recht geben werden: Was die Lehrpersonen betrifft, die an unserer Jugend ihre mühevolle Arbeit verrichten, da gibt es solche und solche und dazwischen noch ein paar Dutzend andere Charaktere.

Ich will nicht in Einzelheiten gehen, ich will von mir reden. Seit vielen Jahren lebe ich als Rentner unweit meiner einstigen Arbeitsstelle. Fast täglich werde ich erinnert an die aktive Zeit und beobachte mit Interesse, wie sehr sich in der Korbacher ALS mit Informationstechnik alles wandelt und künftig gewiss auch mit KI vieles verändern wird, und doch will es mir manchmal scheinen, dass das Wesentliche sich nahezu gleich geblieben ist und vermutlich auch gleich bleiben wird, und das Wesentliche sind die Mädchen und Jungen, die beschult werden, und natürlich ihre Eltern, egal, ob mit Migrationshintergrund oder ohne.

Sie ahnen, worauf ich hinauswill? Nein?

Nun, Mädchen und Jungen, Eltern und Kinder und mitten drin in diesem Spannungsfeld die Lehrer, das sind jahrhundertealte Konstellationen. Sie wandeln sich unter den Zeitumständen, tun das aber mehr oberflächlich, im Wesentlichen bleiben sie sich gleich.

 

Ehe ich zum Thema komme, noch ein weiteres Wort zur Einstimmung. Bekanntlich wird heute mehr als früher von der Lehrerschaft verlangt, den Jugendlichen eine verständnisvolle und vertrauliche Nähe, ein liebevolles Entgegenkommen zu versprechen und natürlich auch zu beweisen, eine Forderung, die ich nach Erfahrungen aus der eigenen Jugendzeit immer mit gewisser Skepsis betrachtet habe. So bin ich wohl auch kein typischer Vertreter meines Berufszweiges gewesen, denn ich hatte gewöhnlich auf eine größere Distanz zu den Schülern Wert gelegt, ich habe mich nicht emotional aufgedrängt oder jugendbewegt gegeben und hatte den Eindruck, dass das den Schülern recht war und von einigen sogar geschätzt wurde.

 

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