Eines Nachmittags fiel meine Arbeitsgemeinschaft aus, meine Freundin Ingrid konnte nach Hause fahren, während mein Bus erst wieder am Abend fuhr. Gudrun ging es ähnlich wie mir, und sie sagte: "Wollen wir nicht mal in die Eisdiele gehen?" Ich hatte schon von dieser neuen Einrichtung gehört, war aber noch nie dort gewesen; denn wenn ich ein bisschen Geld übrig hatte, sparte ich es für Bücher oder ging ins Kino. Neugierig war ich allerdings schon, und so zogen wir zwei los, Richtung Allee. Kurz vorher bogen wir in eine schmale Seitenstraße ein und sahen schon von weitem das Schild "Eisdiele". Drinnen gab es kleine runde und nierenförmige Tische mit ganz einfachen Stühlen, und neben der Theke stand eine Musicbox. Gudrun bestellte sich eine Erdbeermilch, und da die billig war, schloss ich mich an, obwohl ich eigentlich keine Milch mochte. Doch diese war ganz annehmbar. Wir lehnten uns zurück, fühlten uns gut und schauten immer wieder zu der prächtigen Musicbox hin.

 

"Hast du schon das Lied "Heimweh" gehört?", fragte mich Gudrun. Ich verneinte und erfuhr, dass es von einem gewissen Freddy gesungen werde und auch schon im Radio erklinge. Das war mir offensichtlich entgangen. Wir schauten nach: Selbstverständlich war die Platte schon in der Musicbox vorhanden; so opferte jede von uns noch einen Groschen, und dann lauschten wir dem Lied, das in dieser Zeit mit ihren vielen Heimatlosen so unmittelbar das Gefühl ansprach. - Mir blieb dieser Nachmittag noch lange in Erinnerung - auch weil es lange dauerte, bis ich mir wieder einmal einen Eisdielenbesuch leisten konnte.